In Haruki Murakamis Buch Absolutely on Music. Conversations with Seiji Ozawa gibt es zwischen den Gesprächskapiteln kurze Interludes. Auf wenigen Seiten sprechen Murakami und Ozawa in diesen drei Zwischenspielen über den Taktstock von Eugene Ormandy und über manische Aufnahmensammler. Im zweiten der drei Interludes geht es um die Beziehung zwischen dem Schreiben und der Musik.
Schreiben und Musik
Haruki Murakami hört Musik, seit er ein Teenager war, sagt er. Durch das Schreiben habe er ein feineres Ohr für die Musik bekommen. Und umgekehrt schule die Musik das Schreiben:
»MURAKAMI: The two sides complement each other: listening to music improves your style; by improving your style, you improve your ability to listen to music.
OZAWA: Interesting …
MURAKAMI: No one ever taught me how to write, and I’ve never made a study of writing techniques. So how did I learn to write? From listening to music. And what’s the most important thing in writing? It’s rhythm.«
Rhythmus oder Melodie – was hör ich da
Dass Murakami die Verbindung zwischen der Musik und dem Schreiben über den Rhythmus herstellt, leuchtet mir sofort ein. Klar gibt es Satzmelodien. Aber die höre ich beim Lesen nicht sofort, und auch nicht, wenn ich schreibe.
Was ich wahrnehme, ist zum Beispiel die Art, wie ein Text gegliedert ist – in Absätze, Sätze, Satzteile, Wörter.
Musik kann man ähnlich hören: Töne, Takte, Motive und Themen mögen Melodien ergeben. Was mich aber anspricht, bevor ich mitsinge, ist ihr Puls und ihr Rhythmus.
Beethovens Musik zum Beispiel höre ich so. Erst seit ich mich bei Beethovens Musik auf ihren Rhythmus konzentriere, kann ich wirklich etwas damit anfangen. Anders Mozart, Schubert oder Dvořák. Aber vielleicht fällt’s mir da nur nicht so auf.
Vermutlich ist Beethovens Musik ein Beispiel dafür, dass Melodien in der Musik so sekundär sein können wie beim Lesen oder Schreiben. Man sagt zwar: Der Ton macht die Musik. Aber was macht eigentlich den Ton und die Töne?