Über Johannes Brahms lassen sich viele Geschichten erzählen: über seine Beziehung zu Robert und vor allem Clara Schumann, über die Freundschaft mit Antonín Dvořák, über Brahms als Symphoniker (hat lange gedauert, bis er sich zu einem entwickelt hat), über ihn und die sog. Neudeutsche Schule (die Programmmusiker im Gegensatz zu Brahms – dem angeblich konservativen Symphoniker), über Brahms‘ Charakter (schwermütig soll er gewesen sein) usw. usf.
Einige seiner Stücke sind so bekannt, dass man sie kennen kann, ohne zu wissen, dass sie von Brahms sind. Das gilt für ein paar der Ungarischen Tänze zum Beispiel oder sein Guten Abend, gut‘ Nacht.
Herkunft und Erfolg
Geboren wurde Johannes Brahms in ärmliche Verhältnisse im Hamburger Gängeviertel. Im Laufe seines Lebens aber hat er sich sich zu einem bürgerlichen Komponisten entwickelt, wie er im Buche steht: belesen, gebildet, respektiert in den höheren Kreisen Wiens, etabliert in der internationalen Kulturszene und außerdem vermögend – mit seinen wachsenden Honoraren ist er sparsam umgegangen, und er hat sie zu guten Zinsen sorgsam angelegt.
Sein unnachgiebiges Arbeitsethos ist vielen seiner Stücke anzuhören. Die wirken häufig durchgestaltet bis ins Letzte. Jeder Takt ein Leckerbissen auch für Feinschmecker, wenn auch manchmal eher bitter als süß, das mag nicht jeder.
Späte Klavierstücke
In seinen letzten Lebensjahren hat er die Klavierstücke op. 116 bis op. 119 publiziert. Unter anderem das Intermezzo op. 117 Nr. 1 ist sehr populär geworden. Als Motto dieses Stücks hat Brahms zwei Zeilen aus einem schottischen Wiegenlied verwendet: »Schlaf sanft, mein Kind, schlaf sanft und schön! / Mich dauerts sehr, dich weinen sehn«.
Es ist ein Stück, typisch für den späten Brahms, introvertiert, melancholisch, er hat das op. 117 als »Wiegenlieder meiner Schmerzen« bezeichnet, ohne dass er mit der Bezeichnung ganz zufrieden war: »Es müsste ja dann dabei stehen Wiegenlied … eines trostlosen Junggesellen«, sagte er über das op. 117 Nr. 1.
Es mag sein, dass der alte Brahms in diesen Stücken seiner Zuneigung zu Clara Schumann Ausdruck verliehen hat.
Eine Geschichte, die mich eher interessiert, wenn ich das folgende Intermezzo höre, beginnt mit der Frage, ob Johannes Brahms, der ein unwahrscheinlich erfolgreicher Bildungsaufsteiger war, bei allem Selbstvertrauen jemals in den Kreisen heimisch geworden ist, in denen er so angesehen und respektiert war, wie sehr viele andere es sich nur hätten wünschen können.