Das Klarinettentrio von Johannes Brahms
Das Klarinettentrio von Johannes Brahms ist eins meiner Lieblingsstücke. Das liegt möglicherweise daran, dass ich selbst bis vor 10 Jahren viel und gern Cello gespielt habe. Und dass ich mir oft gedacht habe: Klarinette müsste man können.
Die kann man überallhin mitnehmen, man kann alles mit ihr spielen: Jazz, Volksmusik, Klassik, Klezmer – ein Cello ist dagegen sperrig, nicht so sperrig wie ein Klavier zwar, aber eine Gitarre ist es eben auch nicht.
Eine Klangfarbe mischen
Ich erinnere mich, dass mein Cellolehrer, ein damals schon pensionierter früherer Solocellist beim Rotterdam Philharmonic, einmal das Klarinettentrio von Johannes Brahms einstudiert hat. Und er war eine Weile ratlos, weil es ihm nicht gelungen ist, einen Klang auf dem Cello zu finden, der sich von Anfang an mit dem der Klarinette gut zusammenfügt, der mit ihm zusammenklingt, sodass die Klänge auch von der Farbe her zusammenstimmen.
Ich erinnere mich, dass mein damaliger Lehrer davon gesprochen hat, dass es besser ging, als er eher leicht und am Griffbrett gestrichen hat. Das heißt, als er den Bogen eher am schwarzen Brett geführt hat, auf dem die Finger der Linken sitzen, als direkt dort, wo der Steg (aus hellem Holz zwischen den f-Löchern) die vier Saiten über dem Cellokörper schweben lässt.
Wenn man in der Nähe des Griffbretts streicht, wird der Ton auf Streichinstrumenten eher sanft, vielleicht sogar flötenartig. Er verliert ein Stück weit seinen Kern, wird weniger sandig, was in bestimmten Lautstärkegraden sehr gut zum luftigen Ton der Klarinette passen kann. Was aber, wenn die Klarinette selber laut wird?
Noch eine Klangfarbe mischen
Ich habe dieses Klarinettentrio in vielen Aufnahmen und auch hin und wieder live gehört. Selber gespielt habe ich es teilweise auch, aber nie öffentlich. Lange her.
Unten im Video Clemens Hagen spielt seinen Part im Klarinettentrio von Johannes Brahms in meinen Augen herausragend gut, und zwar u. a. deswegen, weil er mit der linken Hand sehr sparsam vibriert. Es entstehen ›gerade‹ Töne, die von der Tonformung her den Tönen der Klarinette sehr ähnlich sind.
Dadurch, dass Hagen oft sehr nah an den Steg geht, hat sein Ton etwas sehr Konzentriertes, Intensives, eben Sandig-Kerniges. Manchmal klingt es auch samtig-edel dabei – ein Celloton kann süchtig machen…
Alle drei Musiker unten im Video spielen hervorragend. Mir gefällt, was Clemens Hagen macht, am besten. Er schafft es nämlich, in seinen eher solistischen Passagen den Celloklang als solchen zur Geltung zu bringen (z. B. mit schön eingesetztem Vibrato). Und wenn er nicht nur mit Klavier, sondern auch mit der Klarinette interagiert, kann er sich plötzlich perfekt in den Ensembleklang hineinfügen.
Ein Beispiel ist unten im Video die Passage ab Minute 5:25. Und hör mal, wenn ab 5:40 die Klarinette einsteigt. Es gibt viele solcher Stellen, in denen Clemens Hagen sein Vibrato sehr fein und klug dosiert. Kann nicht jeder. Sauber ist es auch. Toll auch, wie entspannt alle drei Musiker wirken. Gefällt mir besser, je öfter ich die Aufnahme höre.